“Man könnte die Bilder von Annette Besgen als Allegorien auffassen, als Stimmungsbilder im besten Sinne des Wortes, die einen deshalb gefangen nehmen, weil man unwillkürlich auf selbst schon häufiger durchlebte Erfahrungen verwiesen wird und dabei Situationen erinnert, in denen man – möglicherweise – Zeit genug dazu hatte, bestimmten visuellen Reizen für eine gewisse Zeit seine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Dabei meine ich Situationen der angenehmen Selbstvergessenheit, in denen man irgendwo und irgendwann irgendeinem ephemeren Spiel von Licht und Schatten für Augenblicke – ganz interesselos – verfallen konnte.
Solche selbstvergessenen Zustände und ephemeren Konstellationen lagern sich im Gedächtnis allerdings nicht als konkrete Bilder ab und deshalb sind sie auch schwerlich auf klare Begriffe zu bringen. Atmosphären und Stimmungen entstehen aus einem komplexen Zusammen oft niederschwelliger Reize, sind empfindungsabhängig und dabei kognitiv unscharf. Die Selbstvergessenheit solcher Wahrnehmungszustände erinnert man nicht zuerst im Bild, sondern man erlebt sie neu, empfindet sie nach oder bringt sie wieder hervor. Um einmal erlebte Stimmungen zu re-animieren, braucht es ähnliche oder vergleichbare Situationen, eben die Repräsentation des ehemals als komplex erlebten Miteinanders verschiedenster Bedingungen, die mit ihren unscharfen Konturen, verwischten Formen, vieldeutigen Inhalten nur als Empfindung zu Bewußtsein kamen und auch nur so re-animiert werden können.Bezeichnend scheint mir dabei die Tatsache, dass sich der jeweilige Ort, also die Situation, in der die photographischen Aufnahmen entstanden sind, aus den Gemälden selbst nicht klar erschließen lässt.“
Joseph Imorde: Zu Malereien von Annette Besgen