Beschreibung
Václav Hejna
Heute würde man einen Künstler wie den tschechischen Václav Hejna (1914-1985) im positiven Sinn als besessen oder einen Workaholic bezeichnen. Er bemalte nahezu jedes Stück Papier und verarbeitete mühelos jeden Gegenstand, den er vorfand und ihm für seine Kunst geeignet erschien. Sein heterogenes Oeuvre, kreist thematisch immer wieder um die menschliche Existenz. Es sind anonyme Jedermänner aus den Randgruppen der Gesellschaft wie Kranke, Kriegskrüppel, Behinderte, Bettler, Strafgefangene etc., denen er seine Aufmerksamkeit widmete.
Nach einem ungestümen Frühwerk lehnte sich der Künstler verhalten an den Expressionismus an, um dann spätestens ab 1933 eine eigenständige Bildsprache zu entwickeln. Hejna schuf erdig-verklumpte, aus malerischen Gesten entwickelte Figuren, die am Tisch oder Wartezimmer sitzen, Zeitungsleser, Verzweifelte, Einsame oder Arbeiter, die zwischen Angst und Illusion alles verheißen. In seinem eigenen Stil, einer primitiv existentialistischen Ausdrucksgeste schildert er die Verletzlichkeit der menschlichen Existenz sowie ihre Abgründe.
Nach einem Aufenthalt in Paris (1946-48) und der Erprobung des Informel mit seiner amorphen Materie, war Hejna die menschliche Gestalt weiterhin ein Anliegen und er malte auch fortan figurativ. In den 1960er Jahren entstand eine außergewöhnlich anarchische Objektkunst, die sich sowohl an dadaistischen Objekten anlehnte als auch an vom Nouveau Réalisme inspirierten Assemblagen orientierte. Nach jahrelanger existentieller Schwere und Ernsthaftigkeit, zogen nun Provokation, Spaß und Ironie in seine Arbeiten ein.
Das Oeuvre Václav Hejnas zeigt die schier grenzenlosen Möglichkeiten, die die Kunst des 20. Jahrhundert bietet. Seine Kunstwerke machen nicht nur die zahlreichen Epochen mit ihren spezifischen Stilen und Sujets sichtbar, sondern auch die politisch bewegte Geschichte der Tschechoslowakei. Von der deutschen Besetzung über die stalinistische Ära bis hin zum „Prager Frühling“ offenbart Hejnas Werk in tschechischer Spielart einen spannungsreichen Dialog mit der Gesellschaft. Den Zusammenbruch des Regimes bzw. die „Samtene Revolution“ (1989) hat Václav Hejna leider nicht mehr erleben dürfen.